METHODENGLOSSAR_3 [debatte]

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Methoden sind Werkzeuge für eine Aufgabe. Nicht weniger, nicht mehr. In diesem Glossar zum Thema geht es um Werkzeuge für Debatten.

Menschen glauben gerne, sie wären fähig, ein klärendes Gespräch zu führen, nur weil sie sprechen können und die Sprache der Anderen verstehen. Tatsächlich ist Kommunikation, das Gespräch in einer Gruppe, immer mit der Herausforderung verbunden, die Position der anderen Seite zu verstehen. Vor allem aber, um selbst verstanden zu werden.

Es gibt unterschiedliche Methoden, um eine Diskussion so zu planen, dass im Vorfeld Klarheit besteht, wie das Gespräch bzw. den Austausch geführt wird und auf welchem Weg ein Ziel erreicht werden soll.

Hier eine Sammlung verschiedener Kommunikationsmethoden bzw. Methoden, um eine Debatte konstruktiv und zielorientiert zu organisieren:

Oft werden Begriffe unpräzise bzw. ohne die nötige Abgrenzung verwendet. Daher hier als eine Art Einführung zum Themenkomplex Debatte ein generelle Diferenzierung der Disziplinen und damit Kompetenzebenen der Personen, die sich zu einem Gespräch bzw. einem Austausch treffen:

Multidisziplinarität
Interdisziplinarität
Transdisziplinarität

Direkt zu Konzept und Methoden für Debatten.

Konzepte und Methoden für Debatten, die im Zusammenhang meiner Arbeit in der Lehre und als Berater entstanden:

One-Direction Debate
Carousell Debate (Debattenkarrusell)
Speed Debate NN
Tetris Debate NN
Venn Debate NN
Focus Debate NN
Canvas Debate NN

Weitere Modelle und Ansätze für Debatten:

Open Space NN
Fish-Bowl NN

Multidisziplinarität bedeutet, dass sich Personen mit einer vergleichbaren Expertise (Kompetenzlevel der Disziplin) auf der Basis eines gemeinsamen Themas und möglicherweise auch eines vergleichbaren potenziellen Ziels austauschen.
Es geht dabei darum, die gegenseitig vorgestellten Erfahrungen bzw. Ergebnisse eines Themas zu vergleichen, auszuwerten und ggfs. voneinander abzugrenzen.
Wichtig: Es gibt keinen gemeinsamen methodischen, konzeptionellen oder zeitlichen Ablauf, da die partizipierenden Personen nicht unbedingt an einem gemeinsamen Projekt tätig sind.

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Interdisziplinär bedeutet, dass sich ein Personenkreis mit einer vergleichbaren Expertise (Kompetenzlevel der Disziplin) in einem gemeinsamen Projekt und damit einem gemeinsamen Thema bzw. inhaltlichen und zeitlichen Ziel austauscht.
Es geht den beteiligten Personen darum, aus dem Zusammenwirken ihrer jeweiligen Kompetenzen das gemeinsam beste Ergebnis zu erzielen.
Wichtig: Es gibt einen gemeinsamen methodischen, konzeptionellen und zeitlichen Ablauf innerhalb eines gemeinsamen Projektes. Das Kompetenzlevel aller Beteiligten ist im Sinne einer möglichst effektiven Zielerreichung möglichst identisch.

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Transdisziplinär bedeutet, dass Menschen mit unterschiedlicher Expertise und Kompetenz innerhalb eines gemeinsamen Projektanliegens phasenweise zusammenwirken und arbeiten.
Im Kern bedeutet dies die Integration verschiedener Sichtweisen und damit auch Bedürfnisse für ein gemeinsames Anliegen. Expertinnen und Experten suchen die Nähe bzw. das Gespräch zu Menschen, die in diesem Themenfeld keine bzw. wenig Kompetenz haben, jedoch als Betroffene einen wertvollen Erfahrungsbeitrag zu dem gemeinsamen Projektanliegen beitragen können.

Diese Beiträge werden idealerweise gleichrangig für den gemeinsamen Prozess in einem Projekt berücksichtigt, da sie als Bottom-up-Perspektive der Betroffenen bzw. nicht direkt Beteiligten neue Impulse bieten können.
Dabei kann es besonders wertvoll sein, Perspektiven und Positionen von Menschen aus unterschiedlichen kulturellen, sozialen oder zeitbasierten Hintergründen für ein Projektanliegen zu übersetzen.

Mit zeitbasiert meine ich sowohl Perspektiven von Menschen unterschiedlichen Alters, als auch Erfahrungen und Reflexionen von Menschen, die ein vergleichbares Alter haben, jedoch innerhalb eines bestimmten Zeitraums unterschiedliche Wahrnehmungen anbieten können.

Normalerweise würde man im Zusammenspiel von Innovation und Kreation hier von User Research sprechen und damit eine hierarchische Unterscheidung vornehmen. Der Input bzw. die Beiträge der befragten Betroffenen werden für ein Projektergebnis ggfs. berücksichtigt, jedoch entscheidet die in der Sache kompetentere Ebene.
Daher ist mir die Unterscheidung wichtig, dass transdisziplinär bedeuten sollte, alle Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer gleichrangig für ein gemeinsames Ergebnis zu berücksichtigen.

Damit meine ich im Kern einen heterarchischen Ansatz, der hierarchische Unterscheidungen der einzelnen Kompetenzlevels mit gleichrangigen Positionen (auf einer Ebene) so kombiniert, dass immer das herausragende (im Vergleich bekannter Resultate) und damit beste Ziel erreicht werden kann.

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Eine One-Direction Debate konterkariert im Prinzip den Ansatz einer Debatte. Schlicht aus dem Grund, da die jeweiligen Positionen nicht ausgetauscht werden, sondern nur eine Partei (Position) die Gelegenheit hat, innerhalb eines definierten Rahmens ihre Argumente vorzubringen bzw. die Partei der [spekulativen] Gegenposition damit zu konfrontieren.

Der grundlegende Vorteil dieser Form des Austausches liegt in der Festlegung der zeitlichen Formate bzw. der Form, wie die beiden (oder mehr) Parteien mit den jeweiligen Argumenten der anderen Seite umgehen bzw. diese die Gelegenheit zu einer Reaktion erhalten.

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Ein Debattenkarussell fordert die Teilnehmerinnen und Teilnehmer heraus, ihre jeweiligen Positionen in einer Art Rollenspiel zu verlassen und ohne Unterbrechung und Vorbereitung nahezu gegenteilige, wenigstens jedoch stark veränderte Argumente für den laufenden Prozess der Auseinandersetzung unter einem gemeinsamen Thema zu finden.

Menschen, geschult in einem Bildungssystem, das vor allem die Vorbereitung auf eine Aufgabe schätzt, die dann repetitiv und möglichst identisch wieder abgegeben werden soll, legen im Laufe ihres Lebens eine stetig wachsende Menge an Meinungs- und Haltungsfragmenten ab und können diese oft ohne grosse Vorbereitung abrufen. Ein grosses Thema, eng verwoben mit der Notwendigkeit von Schutzräumen. Darum geht es hier nicht.
Doch wie passt das zu der Methode eines Debattenkarrusell?

Um alle Plätze auf dem Karrusell besetzen zu können muss es mindestens sechs Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer geben.
Die grundlegende Idee ist, dass entweder zu einem bestehenden Thema oder zu einem Thema, auf das sich die Gruppe einigt, die Personen Rollen zugewiesen bekommen (Akteure).
Jede Rolle steht für eine bestimmte Position unterschiedlicher Intensität zum Thema. Innerhalb eines festen Zeitfenster tauschen sich alle Personen auf ihren jeweiligen Positionen aus.
Nach diesem Zeitfenster wechseln die Personen ihre Position im Kreis und damit auch ihre Position zum Thema.

Ein Debattenkarrusell ist eine kommunikative Methode, um die teilnehmenden Personen zur Veränderungen fixer und ggfs. dogmatischer Positionen zu bewegen.

Nun wird die Debatte mit identischen Zeitfenster jedoch neuen Personen auf neuen Positionen weitergeführt. Diesen Durchgang sollte man noch einmal fortsetzen, damit alle Personen tatsächlich herausgefordert werden, eine komplett neue Rolle (Position) vertreten zu müssen.
Mehr als fünf Zeitfenster wären jedoch vermutlich zu ermüdend.

Idealerweise nutzt man ein weiteres Zeitfenster nach einer Session zur gemeinsamen Reflexion der in diesem Debattenkarrusell gemachten Erfahrungen als offenen Austausch.
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Die Methode Speed Debate hat das Ziel, innerhalb einer charakteristischen Haltung bzw. Position und unterschiedlicher Themen in mehreren der dafür zur Verfügung stehenden Zeitfenster immer weiter zu kürzen, um damit die Konzentration und Fokussierung zu stärken.

In Debatten, wie in jedem kommunikativen Austausch, ist die Zeit immer begrenzt. Oft fallen einem die besten Argumente erst nach der Auseinandersetzung mit anderen ein. Eine bewusste Priorisierung bzw. Klärung der Relevanz einzelner Argumente während einer Debatte ist eine Herausforderung, die oft nur mit einer gewissen Erfahrung und der zwischenzeitlichen Platzierung vorab erprobter Aussagen funktioniert.

Mit der Methode Speed Debate soll die Kompetenz gestärkt werden, im Gespräch bzw. dem fokussierten Austausch in definierten Zeitfenstern die eigene Position bzw. die Position in einer gewählten oder zugewiesenen Rolle prägnant und mit der Aufmerksamkeit für die Priorität einer einzelnen Aussage, aber auch in Bezug auf die Dramaturgie des Zusammenspiels mehrerer Aussagen im Blick zu behalten.

Beispiel für einen möglichen Ablauf (hier mit zugewiesenen Rollen):


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Eine Debatte ist vielleicht das älteste Format, wie sich menschliche Kultur entwickelt hat. Möglicherweise würde sich Vorläufer finden, die noch ohne Sprache den Austausch zwischen frühen Menschen möglich machten.
Kommunikation ist bedingungslos und unmittelbar. Weder eine bestimmte Situation ist erforderlich noch eine bestimmte Form des Austausches.

Die einzige Regel lautet: Erreichbarkeit. Menschen müssen sich im Zusammenspiel ihrer Sinne und damit den Möglichkeiten ihrer Wahrnehmung gegenseitig erreichen können. Auf welchem Wege auch immer. Das Ergebnis dieser Erreichbarkeit ist Veränderung.
Auf beiden Seiten.
Eigentlich ganz einfach.
Wenn es nicht oft genug kompliziert wäre.


© Carl Frech, 2025

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