INNOVATION_4 [prospektion]

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Die Betrachtung der Vergangenheit ist oft nur die Spiegelung dessen, was die Zukunft bringen wird. Oft auf eine irritierende Weise. Wann wir dies sehen.

Das seltsame ist, nahezu alles, was wir in unserer Gegenwart besitzen, nutzen, tun und erwarten, empfinden wir als normal. Wir betrachten die Welt vorwiegend über unsere Prägung innerhalb derselben, unserer entwickelten Gewohnheit damit und dem darüber hinausgehenden Potenzial, wie wir unsere Zukunft damit stetig optimieren wollen. Dabei verlieren wir natürlich oft die Relation zwischen uns, der Welt als Ganzes und der Zeit, die unsere Lebenszeit überdauert. Das ist normal und verständlich. Alle Säugetiere handeln so. Allerdings gibt es ausser unserer Spezies kein Säugetier mit vergleichbarer Macht über die Dinge dieser Welt.

Ich sprach im Vorfeld über den Nukleus jeder echten Innovation. Dabei geht es stets um den Begriff der Entwicklung, also den damit verbundenen Vorgang. Sprache lässt sich meist leicht dechiffrieren. Wenn man genauer hinschaut, entdeckt man häufig verborgene [Wort-] Fragmente dessen, wie wir uns und den anderen die Welt (unsere Welt) erklären und damit selbst verstanden werden wollen. Auch wenn dies oft nur ungenügend gelingt.

Nehmen wir also den Begriff der Entwicklung im Sinne des Wortes, dann geht es darum, ein Thema, eine Herausforderung oder eine Aufgabe so lange von ihren Wickeln zu befreien, bis man zum Kern, zum Innersten, zum Nukleus vordringt und damit die Chance für eine Erkenntnis hat, warum das eine richtig, das andere falsch, das eine sinnvoll, das andere sinnlos, das eine erfolgreich, das andere ohne Erfolg sein wird.
Wir sollten dabei jedoch nie den Fehler machen, die Wörter richtig, sinnvoll und erfolgreich gleichzusetzen. Sie sind nur bedingt verwandt, können aber in eine förderliche Beziehung gebracht werden.

Wir betrachten Probleme und ihre Lösung meistens im radialen Umfeld dessen, was wir kennen, was wir erfahren und was demnach die beste Aussicht auf Erfolg verspricht. Wie schon weiter oben geschrieben und hier in kürzerer Form:

Innovation finden immer dann und dort statt, wo Menschen dadurch mehr Vorteile haben, als es für sie ein Aufwand wäre, die alten Gewohnheiten zu ändern.

Die Vorteile sind dabei meistens eine Kombination aus konkretem Nutzen im Vergleich zum Gewohnten und dem Glauben an das Bessere.
Es ist schon klar, dies ist eine schlichte gedankliche Symbiose zwischen dem rationalen Bestand (Konstanten [2]) und der subjektiven Erwartung (Variablen [2]).
Lapidar könnte man sagen, so ist das Leben, solange es in der Zeit gefangen ist. Letztlich bauen wir immer auf etwas auf. In dem Text Innovation_1 [vorbilder] verband ich diesen Gedanken mit dem Zitat von Bernhard von Chartes aus dem Jahr 1120:

Dicebat Bernardus Carnotensis nos esse quasi nanos gigantum umeris insidentes, ut possimus plura eis et remotiora videre, non utique proprii visus acumine, aut eminentia corporis, sed quia in altum subvehimur et extollimur magnitudine gigantea.

Bernhard von Chartres sagte, wir seien gleichsam Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen, um mehr und Entfernteres als diese sehen zu können – freilich nicht dank eigener scharfer Sehkraft oder Körpergröße, sondern weil die Größe der Riesen uns emporhebt.

Johannes von Salisbury: Metalogicon 3,4,47–50, Bernhard von Chartes zitierend.

Mit den Termini jedes kreativen bzw. innovativen Prozesses sprechen wir immer davon, dass man eine Konstante mit einer Idee anreichert, optimiert und manchmal auch revolutioniert. Man verbindet diese also mit einer Variablen und erhält dann eine Variante. Damit ist der Kern jeder innovativen Entwicklung im Prinzip erklärt und kann in einer knappen Formel fokussiert werden:

Konstante + Variable = Variante

Die Weltraumforschung seit dem Jahr 1961, als die damalige Sowjetunion den ersten Kosmonauten Juri Alexejewitsch Gagarin in eine Umlaufbahn um die Erde geschickt hatte, folgt dabei ähnlichen Prinzipien wie jene, die beim Backen eines Kuchens bestimmend sind.
Wenn ich einen Kuchen backen will, dann brauche ich grundsätzlich drei Zutaten. Eine Grundmasse, die sich binden lässt, etwas, was diese Bindung ermöglicht und Flüssigkeit, damit die Bindung überhaupt physikalisch entstehen kann.
Das ist die Konstante. Alles andere sind Zutaten (Variablen), die in der Folge zu unendlichen Varianten führen.

Wobei wir zwingend darin unterscheiden sollten, ob eine Variante zu einer Optimierung des Bestandes führte oder nur zu einer (neuen) Version ohne jede Verbesserung. In den meisten Fällen ist das so. Und bei dem Beispiel eines Kuchens natürlich Geschmacksache.
Ja, auch das ist klar, wie kann man Weltraumforschung mit Kuchenbacken vergleichen?
Es gibt durchaus Ähnlichkeiten, wenn man genau hinschaut.

Bei der umfassenden Betrachtung des Homo erectus zu Beginn dieses Essays werden manche Leserinnen und Leser vermutlich kritisch anmerken, dass eine erdgeschichtliche Perspektive jede Frage in die Unendlichkeit aufbläht und damit jeder Antwort die Basis für eine verwertbare und damit praktikable Entscheidung in der Gegenwart nimmt.
Aber wäre es nicht zu einfach, die Frage nach dem Schutz vor Regen nur mit dem Wissen und den Möglichkeiten unserer Gegenwart zu beantworten? Letztlich gibt es immer viele Einflussfaktoren, die zusammen betracht werden müssen, wie vielleicht mit dem Folgenden klarer wird.

Die Anthropologie geht davon aus, dass der Homo sapiens (der sehr viel spätere Nachfahre des Homo erectus) über ca. 200.000 Jahre in Kleingruppen von ca. 25 Personen umherzog.

Der Unterhalt zum Leben war ein Ergebnis seiner Bewegung auf der Suche nach Nahrung und Sicherheit.

Der Aufwand dafür wurde vermutlich im Laufe der Zeit durch Gewohnheiten und der Last der damit verbundenen Güter immer grösser.

Man vermutet, mit der Bedeutung sozialer Riten (zum Beispiel durch Totenrituale) als gesellschaftlicher Kit wuchs auch der materielle Aufwand in der jeweiligen Gruppe, welcher transportiert werden musste.

Zwischen 13.000 und 10.000 vor unserer Zeitrechnung begann der Homo sapiens sesshaft zu werden. Warum?

Die Gründe waren neben dem zunehmenden Aufwand des Nomadentums [2] auch die Veränderung des Klimas.

Menschen entdeckten im Verlauf der klimatischen Veränderungen das Potenzial durch den Anbau von Nahrungsmitteln und die damit verbundene Aufbewahrung in Gefäßen.

Die materiellen Anforderungen stiegen durch diese Aktivitäten.

Es entwickelten sich in der Folge Abhängigkeiten und Gewohnheiten und damit auch Fertigkeiten der Nutzung bis dahin unbekannter Werkstoffe.

Es wurde schlicht normal sich an einem Ort aufzuhalten und diesen auszustatten.

Die Enge des Zusammenlebens hatte dabei Vorteile, aber auch Nachteile. 

Familien konnten mehr Kinder gleichzeitig grossziehen.

Es entstanden grössere Gruppen (Sippen) und dadurch wurde das Kollektiv grösser.

Gleichzeitig entstanden jedoch vermehrt Krankheiten durch das enge Zusammenleben generell sowie mit domestizierten Tieren.

Die Ernährung wurde einseitiger, da sie an die Gegebenheiten vor Ort angepasst war und die Kompetenz zur Aufbewahrung von Lebensmitteln (zum Beispiel durch Fermentierung) mit der Zeit erst langsam entwickelt wurde.

Es entstanden unterschiedliche Methoden, um Lebensmittel haltbar zu machen.

Neben der Fermentation auch das Räuchern, das Salzen, das Säuren, Dörren, Garen, Beizen, später auch das Zuckern, Einkochen, Gefrieren, u. a..

Es entstanden damit verbundene Kompetenzen, die noch nicht als Beruf in unserer heutigen Terminologie bezeichnet werden konnten, die aber den Stand derer in der Gruppe hervorhoben, die diese Fähigkeiten entwickelten.

So entstand zum Beispiel die Expertise des Essigmachers, des Mälzers (für Braugetränke), u. a..

Gleichzeitig wurde das damalige Leben in der Folge der Jahrtausende bis zum Beginn unserer Zeitrechnung komplexer. Es sammelte sich soviel geschaffenes Material an, dass eine stetige Mobilität, wie diese über den längsten Zeitraum davor das Normativ war, nicht mehr möglich und bald nicht mehr denkbar war.

Ich denke und hoffe, es wird klarer, dass die Eingangsfrage zu einer Situation vor 13.000 Jahren, es regnet und wir wollen nicht nass werden, nicht nur eine Antwort zur Folge haben kann.
Wir müssen die Dinge in ihrem systemischen Zusammenhang verstehen. Die Muster und Beziehungen lesen lernen.
Dann ist es sehr viel einfacher, die Logik der Entwicklungen nachzuvollziehen. Und damit auch teilweise das damit Verbundene, das darauf Aufbauende vorauszusagen.

Ist es nicht wichtig, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, warum wir tatsächlich Entscheidungen für das eine und gegen das andere treffen? Warum wir eine bestimmte Lösung für ein bestimmtes Problem für besser erachten als eine andere?

Ich denke, die Betrachtung der Kontexte und ihrer darauf aufbauenden Kausalität ist relevant, wenn man über den Rand des Offensichtlichen blicken will. Innovation, die den Namen verdient, da sie eine langfristige Prospektion eingenommen hat und möglicherweise einen radikalen Vorschlag zu einem Problem, einer Herausforderung anbietet, braucht die Retrospektion darüber, wie sich etwas entwickelt hat, was reif für eine Veränderung ist.

Bleiben wir einen Moment in unserer Gegenwart. Unternehmen und Institutionen agieren in vielen Fällen nach dem Prinzip der Konservierung, der Sicherung des Bestandes und damit konservativ. Man könnte auch locker sagen: Wir machen keine grossen Experimente, sondern nutzen das, was schon in der Vergangenheit gut funktionierte. Diese Position bzw. die darauf aufbauenden Aktivitäten kann man als relevant, auch als reaktiv bezeichnen. Man reagiert mit dem Fokus auf kurzfristig realisierbare ökonomische Effekte. Relevanz [2] meint hier alle Aktivitäten eines Unternehmens bzw. einer Institution, welche die kurzfristige Sicherung unterstützt (Bestand).

Mit etwas mehr Mut und dem Blick über die Grenzen dessen, was mit grosser Sicherheit planbar ist, versuchen Unternehmen resonant Entwicklungen (in einem Markt) zu erfassen, zu deuten und für eigene Aktivitäten so zu transformieren [2], dass sie möglicherweise nicht sofort zu Erträgen führen, jedoch die Chance für eine positive ökonomische Entwicklung besteht.
Resonant meint vor hier insbesondere die Fähigkeit, sich mit den verändernden Bedürfnissen derer zu beschäftigen, die in diesem Markt erreicht werden sollen.
Wer mag, kann dazu bei den Essays zum Thema Kommunikationsstrategie und narrativer Markenführung weiterlesen.

3R-Methode zur Definition strategischer Aktivitäten

Je weiter jedoch der Horizont auf Veränderungen in der Zukunft ausgerichtet wird, desto schwieriger wird es vorherzusagen, was sich wirklich verändert und wie sich dies auf die langfristige Planung ökonomischer Ziele auswirken könnte.
Eine radikale Perspektive bietet geringe Sicherheit, aber im Falle eines Erfolgs ein extrem hohes Potenzial. Mit einer grossen Bereitschaft zum Risiko [2] kann man aber die, wenn auch deutlich begrenzte Sicherheit nutzen, um methodisch [2] [3] [4] zukünftigen Veränderungen zu dechiffrieren.
Wer mag, kann dazu auch den Essay mit dem [Kunstbegriff] Titel Proportage lesen.

Proportage – eine Methode zur Entwicklung kommunikativer Dialogräume mit dem Ziel belastbarer Argumente für die zukünftige Akzeptanz in der Gesellschaft.

In dem Zusammenhang ist der Hinweis auf die Begriffe Red Ocean und Blue Ocean wichtig, die im Zusammenhang von Unternehmensstrategien von W. Chan Kim und Renée Mauborgne an der INSEAD Business School definiert wurden.
Kurz gesagt nutzt die Methode empirische Methoden, um langfristige Potenziale in neuen Märkten zu erkennen und in der Folge zu entwickeln. Red Ocean steht dabei im Kern für relativ gesättigte Märkte mit grossem Wettbewerb. Blue Ocean steht für noch unberührte Teilmärkte, die komplett neu entwickelt werden müssen, dann aber (als Pionier) grosses Potenzial versprechen.

Mehr Fachtermini unserer ökonomisch dominierten Gegenwart sollen hier aber nicht besprochen werden. Ich habe diesen kleinen Ausflug zu dem Thema Unternehmensstrategie unter der Überschrift Innovation auch nur unternommen, da der Begriff Empirie in dem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielt. Der Ansatz der Empirie spielt auch bei der von mir entwickelten [Envisioning] Methode Proportage eine zentrale Rolle und soll daher hier noch einmal Erwähnung finden.

Probleme treten in der Nachbarschaft anderer Probleme auf.

Wir kennen die unangenehme Logik dieser Feststellung. Wenn ein Fenster kaputt ist, dann ergeben sich möglicherweise eine Reihe damit verbundener Probleme. Es kann sein, dass die Wärme austritt, der Raum kühler wird. Als Folge davon kann sich nach einer gewissen Zeit Feuchtigkeit in dem Raum besser entwickeln. Die feuchte Luft kondensiert und führt ggfs. zu einer ungünstigen Entwicklung von Sporen und später zu Schimmel. Dies wiederum ist kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken und sei es auch nur über die Veränderung der in dem Raum gelagerten Lebensmittel.

Wir springen noch einmal zurück in unserer Zeitrechnung. Diese Zusammenhänge waren auch für den Homo erectus uns dessen Nachfahren im Verlauf der beginnenden Sesshaftigkeit relevant und wurden zunehmend besser verstanden. Die generellen Prinzipien haben sich dabei aber im Kern nicht oder nur unwesentlich verändert.

Wir könnten das Wirkungsnetz (es begann mit einem kaputten Fenster) der kausalen Abhängigkeiten mehr oder weniger endlos weiterführen. Sowohl in unikausaler, also direkter (das eine führt zwingend zu dem anderen) wie auch in polykausaler und damit indirekter Richtung (das eine wirkt in alle Richtungen auf das Umfeld des anderen).
Wichtig ist die Ursache, also der Ursprung einer Problematik. Aus der Perspektive dessen, was wir beurteilen können, ist es immer die Perspektive von Menschen, ihre Interpretation und damit auch die situative Wahrnehmung. Was anders soll es sein? Wer sollte sonst darüber entscheide, was richtig, was sinnvoll oder was erfolgreich ist bzw. sein könnte?

Innovation ist Teil eines Prozesses, der den Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen deutlich macht.

Allerdings betrachten wir diesen Prozess meistens im Zusammenspiel unserer Lebenszeit als der für uns relevanten Zeit. Das davor und danach spielt meistens nur so weit eine Rolle, als dass wir damit eine Erklärebene für unsere Gegenwart schaffen, oder eine Projektionsfläche in eine spekulative Zukunft, immer aber in Relevanz zu unserer Gegenwart und der Zeit, die wir noch innerhalb der Spanne unseres Lebens für uns erwarten.
Das ändert bzw. erweitert sich möglicherweise für jene, die Kinder haben, vielleicht auch noch für die Kinder dieser Kinder und vielleicht auch noch für deren Kinder. Das mag auch für jene Menschen ähnlich sein, die in ihrem Leben etwas geschaffen haben, was Bestand haben soll und sei es auch nur der Ehrgeiz, dass dies so sein solle.

Irgendwann jedoch geben wir auf und die Vorstellung darüber, was kommt, was uns die Zukunft bringen könnte, diffundiert in der Unbedeutsamkeit, der Unerreichbarkeit, dem Unvermögen unserer Vorstellung, da wir über so lange Zeiträume nicht mehr spekulieren können. Denn unsere Vorstellung ist immer verbindlich und damit relativ fest an die Erfahrungen gebunden, welche wir kennen.

Wir können uns vorstellen, dass es in Mitteleuropa im Winter an manchen Jahren fünf Meter Schnee geben kann. Aber wir können uns nur schwer vorstellen, dass 500 Meter Schnee fallen.
Wir können uns vorstellten, dass bei schwerem Sturm auf den Meeren dieser Welt Wellen eine Höhe von 20, 30 und vielleicht auch 40 Meter haben können. Aber eine Welle mit 500 Metern übersteigt unsere Vorstellungskraft.
Wir können uns vorstellen, dass es Winde [2] mit einer Geschwindigkeit von 250 Kilometer in der Stunde gibt, aber Winde mit 1.000 oder 2.000 Kilometer Geschwindigkeit?

Wir können uns vorstellen, dass der Boden unter unseren Füssen nicht immer fest und stabil ist, wir kennen Erdbeben, Unterspülungen, Lawinen unterschiedlicher Art und Ähnliches. Aber können wir uns vorstellen, dass zum Beispiel über geologische Einflüsse durch Tiefbohrungen [2] bzw. Sprengungen in der Tiefe des Erdmantels, ganze Landflächen bzw. Teile von Kontinenten in Bewegung geraten?

Wir können uns vorstellen, dass zwei oder drei Millionen Menschen aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat, ihren Lebensraum verlassen und sich auf den Weg in nördlichere Gebiete auf unserem Planeten machen. Aber können wir uns vorstellen, dass, nehmen wir an, weil steigende Temperaturen [2] keine andere Wahl lassen, 200, 300 oder 500 Millionen Menschen vor der Hitze in den Norden unsere Erde flüchten.

Können wir uns vorstellen, dass Menschen in Zukunft einen Teil ihrer Einkünfte damit erzielen, dass sie bestimmte Teile ihrer DNA [2] [3] verkaufen.

Können wir uns vorstellen, dass Menschen in Zukunft mehr Geld dafür bezahlen, um bei einem operativen Eingriff von einem KI-gesteuerten [2] Robotiksystem operiert zu werden?

Können wir uns vorstellen, dass Menschen in Zukunft sich nur noch mit Ekel daran erinnern, dass sie vor Jahrzehnten Fleisch von ehemals lebenden und dann getöteten Tieren gegessen haben?

Können wir uns vorstellen, dass wir Produkte kaufen, die sich ohne eine Aktivität unsererseits wieder eigenständig im Markt anbieten (sich selbst wieder verkaufen), wenn diese Produkte von uns nicht genutzt werden.

Können wir uns vorstellen, dass wir eine schwierige Beziehung in Zukunft lieber von unserem digitalen Assistenten beenden lassen, da wir der festen Überzeugung sind, wir würden dafür nicht die richtigen Worte finden.

Es ist schon klar, das alles klingt relativ verrückt (im Sinne des Wortes). Es ist ver-rückt zu dem [Wahrnehmungs-] Raum, der uns bekannt ist und damit dem, was wir uns vorstellen können.
Nun wäre das Normativ unserer Zeit mit Sicherheit verrückt mit der Perspektive vergangener Jahrzehnte oder Jahrhunderte.
Man stelle sich den Horizont weiter vor und liesse unsere Vorfahren, den Homo erectus auf die Welt unserer Gegenwart blicken.
Was wäre, wenn dieser frühe Mensch mit uns darüber sprechen könnte, verrückt und was wäre wie immer?

Darum ging es in diesem Essay zum Thema Innovation_2.
Unter dem Titel Innovation_3 beschäftigen wir uns mit dem Gegenteil dessen, was wir heute vermutlich dystopisch wahrnehmen und bei uns Irritationen oder gar Ängste provoziert.

Lösungen treten in der Nachbarschaft anderer Lösung auf.

Schliessen will ich mit einem Zitat von Laotse, der vermutlich im 6. Jahrhundert vor Christus sagte:

Plane das Schwierige da, wo es noch leicht ist.
Tue das Große da, wo es noch klein ist.
Alles Schwere auf Erden beginnt stets als Leichtes.
Alles Große auf Erden beginnt stets als Kleines.

Laotse, eigentlich Laozi, auch Lau Dsi oder Lau Dan, chinesischer Philosoph, Begründer des Taoismus.

Für alle, die gerne weiterlesen: INNOVATION_5 [arbeit]

Vorangegangener Text: INNOVATION_3 [anthropologie]


Wer doch lieber auf Papier lesen möchte, findet hier das PDF.


© Carl Frech, 2021

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