NARRATIVE BRANDING

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Wir folgen oft der Logik und der Sicherheit. Das echte Leben entwickelt sich dann aber meistens als eine endlose und vernetzte Geschichte.

Markenstrategie wird klassischerweise als ein inkrementeller Prozess verstanden und beschrieben. Die einzelnen Phasen folgen zwingend aufeinander bzw. bauen aufeinander auf. Der Begriff Markenarchitektur vermittelt dies schon in der Semantik des Wortes: Es geht darum, dass die einzelnen Marken bzw. daraus abgeleiteten Ziele aufeinander aufbauen. 

Das ist in der Sache richtig und für die Übersicht kommunikativer Maßnahmen auch notwendig. Allerdings ist Kommunikation ein lebendiger Vorgang, der sehr vielen Einflussfaktoren unterworfen ist, welche sich nur bedingt planen lassen. Man könnte auch provokativ sagen, dass Kommunikation permanent zu Veränderungen führt. Kommunikation ist episodisch, nicht zuletzt als flüchtiges Ereignis mit einem offenen Ausgang, in jedem Fall entsteht immer ein Narrativ, das etwas über die soziale Gruppe erzählt, in der gesprochen wurde. 

Ein Narrativ ist eine sinnstiftende Erzählung, wie Menschen und damit auch wie die Gesellschaft die Welt wahrnimmt, diese permanent gestaltet und damit verändert. Sowohl bewusst, in den meisten Fällen jedoch ohne eine bewusste Reflexion zu dem konkreten Vorgang.

Markenstrategie ist daher immer auch eine Form des Erzählens bzw. der Erzählstrategie, was in der Folge Narrative Branding genannt wird.

Drei grundlegende Positionen formulieren den Ansatz bzw. den Anspruch in kurzer Form:

Markenkommunikation ist ein lebendiger Prozess, der in der Wechselwirkung dessen gestaltet und bestimmt wird, wie Menschen konkret handeln und aktiv sind.

Marken und deren kommunikative Wirksamkeit ist nie isoliert von parallelen Einflussfaktoren, in deren Zusammenspiel sich gesellschaftliche Akzeptanz entwickelt.

Marken sind Teil zukünftiger gesellschaftlicher Veränderungen und damit neuer Realitäten. Diese Veränderungen sind immer holistisch und eingebunden in kommende Narrative.

Jede Aktivität bei einer Markenstrategie und der davon abgeleiteten Maßnahmen muss daher mit der Vorausschau dahin bestimmt werden, welche Veränderungen (= Einflussfaktoren) welche Wirkung auf die Kommunikation der damit verbundenen Ziele in einem Markt entfalten werden.

Die nachfolgenden Beschreibungen verfolgen zwei Ziele:

01 Kommunikation ist ein iterativer Prozess. Die Qualität erfolgreicher Kommunikation ist davon bestimmt, auf Veränderungen, neue Anforderungen welcher Art auch immer agil und konstruktiv reagieren zu können.

02 Kommunikation und damit auch Markenkommunikation ist ein systemischer Vorgang. In einer Metapher gesprochen folgt er dem Ansatz von game und play. Es geht darum, das Spielfeld und die Regeln zu kennen, um in der Folge damit erfolgreich spielen zu können. Ein System ist das Spielfeld, das erst durch seine [systemische] Anwendung zum Leben erweckt wird.

Narrativ Branding als struktureller und systemischer Prozes

Markt = Shares = Limitations + Opportunities

Unternehmen und Institutionen sind immer Teil eines komplexen gesellschaftlichen Umfeldes und damit auch unterschiedlicher Marktsituationen. Die Präsenz bzw. die Bekanntheit spielt für jede Aktivität eine bedeutende Rolle. Es ist zum Beispiel ein bedeutender Unterschied, ob ein Unternehmen den Eintritt in ein Marktsegment neu plant, eine bestehende Position verteidigen, verändern oder ausbauen will. 

Es ist von vitalem Interesse, das jeweilige Marktumfeld und ihre Vertreter:innen so gut zu kennen, damit die eigenen Potenziale einschätzbar und damit planbar werden.

Mit Potenzialen ist hier gemeint, sowohl die Begrenzungen (Limitations) als auch die Möglichkeiten (Opportunities) als Basis darauf aufbauenden Maßnahmen beschreiben zu können. Jedes Projekt, jede kommunikative Zielsetzung ist immer davon gekennzeichnet, dass alle Ressourcen klar sein müssen. Mit Ressourcen meinen wir sowohl Akteure und die damit verbundenen Kompetenzen, die medialen Plattformen und ihre Mittel, aber auch sowohl zeitliche wie auch ökonomische Rahmenbedingungen.

In dieser Phase geht es darum, einen möglichst kompletten Überblick aller relevanten Aspekte in Form einer Art Bestandsinventur durchzuführen. Diese Basis dient für erste Formulierungen erreichbarer Ziele in einem Markt [2] bzw. dem Marktumfeld.

Mit erreichbaren Ziele ist gemeint, ein Spektrum unterschiedlicher Zielszenarien gegenüberzustellen, die sich sowohl in ihren zeitlichen Fristen wie auch qualitativ und quantitativ voneinander unterscheiden.

Targets = Best / Minimum Cases and Scenarios

Unternehmen und Institutionen brauchen Ziele und Visionen, die für sich genommen das Motiv für darauf aufbauende Aktivitäten sind. Nur so kann Motivation entstehen.

Kommunikation ist ein iterativer Prozess. Damit ist die Reaktionsfähigkeit aller kommunikativen Mittel gemeint, aber auch die Beleg- und Überprüfbarkeit der einzelnen Maßnahmen selbst. Kommunikation bedeutet immer eine Investition (ökonomisch, aber auch kulturell und sozial [= Image], wie auch innovativ in Bezug auf die damit verbundene Erwartung an weitere Entwicklung). Diese Investition muss überprüfbar sein. 

Vor diesem Hintergrund ist Marken- und Kommunikationsstrategie auch Teil der institutionellen Strategie selbst.

Alle kommunikativen Ziele sind immer abhängig von ihrer Wirksamkeit in einem Markt und damit der Akzeptanz bei jener Zielgruppe, die erreicht werden soll.

Zielgruppen sind Stilgruppen. 

Das Kernstück der hier beschriebenen Markenstrategie ist die Konzentration und der Fokus auf Menschen mittels unterschiedlicher Observations- und Story-Listening-Methoden. Dabei sollen über qualitative Interviews aussagekräftige Insights zu den verschiedenen Zielgruppen transparent und damit verwertbar werden. In einfachen Worten geht es darum, die Welt da draussen zu verstehen, Menschen in ihrer Komplexität und Veränderlichkeit zu verstehen und damit das eigene Vorhaben, die eigenen Ziele immer auch als ein Wechselspiel mit gesellschaftlichen Prozessen zu verstehen.

Ohne die Fähigkeit zum Verständnis der unterschiedlichen Lebenswelten (Empathie / Mapping) sind kommunikative Ziele, vielfach spekulative Maßnahmen und damit auch dem Zufall überlassen. Warum ist das so?

Kommunikationsmaßnahmen sind oft das Ergebnis reaktiver bzw. kurz- bis bestenfalls mittelfristiger Planung.

Interne und externe Workflows, aber auch Entscheidungsprozesse sind nicht optimal aufeinander abgestimmt.

Es fehlen Kriterien bzw. eine Art Filter, um die einzelnen Aktivitäten in der Folge überprüfen und damit optimieren zu können.

In dieser Phase werden Szenarien beschrieben, die sowohl idealtypische (best-case) wie auch minimale Ziele deutlich machen sollen. Diese Szenarien beschreiben als Startpunkt einen qualitativen Plausibilitätsfilter, der im fortschreitenden Prozess immer wieder überprüfbar sein muss (Re-Visit). Es geht um die Fragen: 

Was haben wir uns vorgenommen? 
Wo stehen wir? 
Was haben wir erreicht? 
Was haben wir nicht erreicht? 
Warum haben wir das nicht erreicht?

Im konkreten Prozess aller Akteur:innen (der Auftraggeber:in und der begleitenden Agentur/en) geht es um die Eskalation der Fragestellung:

Was machen wir?
Was machen wir besser?
Was machen wir besser jetzt?
Was machen wir besser jetzt nicht?
Was machen wir besser jetzt nicht, sondern?

Zentrales Ziel jeder Markenkommunikation ist:

Eine Marke soll immer erkannt, aber stets neu entdeckt werden.

Positive, Negative und Hidden Benchmarks (1. 2. 3. Grad)

Im folgenden Prozess werden Benchmarks gesucht und analysiert. Benchmarks sind Impulsgeber für die strategischen Entscheidungen im laufenden Projekt bzw. Prozess. Es werden sowohl positive als auch negative Benchmarks unterschieden. Zentrales Anliegen jeder Benchmarkanalyse in Form einer möglichst sachlich korrekten Beschreibung ist der Fokus auf möglichst einen Aspekt (= Learning) für das eigene Vorhaben. 

Mit positiven und negativen Benchmarks ist gemeint, dass sowohl erfolgreiche Vergleichsbeispiele wie auch Beispiele eine Vorbildfunktion erhalten können, die an einem bestimmten Punkt ihrer Entwicklung im Markt gescheitert sind.

Weiter unterscheiden wir in Benchmarks in ihrer Relevanz bzw. inhaltlichen Distanz zum eigenen Projekt (1., 2. und 3. Grades). Es gibt Vergleichsbeispiele aus eindeutig anderen Branchen, die jedoch mit dem Blick auf einen Aspekt einen starken Impuls für die Kommunikations- und Markenstrategie bieten.

Weiter kann es sein, dass relevante Erkenntnisse von Hidden Benchmarks kommen, die einen komplett anderen Hintergrund bzw. Zusammenhang haben. Dabei geht es um Vergleichsbeispiele wie zum Beispiel der Blick in die Tradition bzw. generell der Geschichte einer Region bzw. eines Landes, andere [geografische] Kulturen, sozialen Phänomenen und Entwicklungen, wie auch möglicherweise herausragende Persönlichkeiten der Geschichte und Gegenwart. Das Ziel ist immer das gleiche: Was können wir aus dieser oft metaphorischen Betrachtung für das eigene Projekt und Vorhaben lernen?

Egal welche Benchmarks auch betrachtet werden, es sollen immer die Erfolgsfaktoren, aber auch Faktoren für den Misserfolg (Success-/Failure-Factor), Differenziatoren (= Relevante Unterschiede zum Wettbewerb in der jeweiligen Branche) wie auch versteckte Potenziale (Hidden Potentials) deutlich werden.

Project-Sedcards, Interviews (qualitative Gespräche) und Unpacking (Observations)

Sogenannte Project-Sedcards haben das Ziel, in der kürzesten bzw. kompaktesten Version das Projektziel deutlich zu beschreiben, bzw. die Herausforderung (ggfs. auch das Problem, das gelöst werden soll), deutlich zu machen. Diese Sedcards können in verschiedenen Versionen als Grundlage darauf aufbauender Interviews (qualitative Gespräche) entwickelt werden.

Wenn konkrete Produkte oder Services entwickelt bzw. deren kommunikativer Markteintritt vorbereitet werden soll, dann sprechen wir von Product- oder Service-Sedcards. Immer geht es darum, die Essenz der Zielsetzung eines Vorhabens so präzise zu beschreiben, damit ein konstruktives und erfolgreiches Gespräch mit potenziellen Vertreter:innen jeweiliger Zielgruppen geführt werden kann.

Empathy-Mapping, Infering, Reframing = Persona-Building

Qualitative Interviews sind davon geprägt, dass die direkte Konfrontation mit der Person, mit der ein Gespräch geführt wird und die [bewusst] subjektive Interpretation des Gespräches selbst Teil der Auswertung (Erkenntnis) sein soll. 

Es geht dabei darum, die konkrete Person wirklich kennenzulernen und dabei einen möglichst konstruktiven Dialog zu führen. An dieser Stelle soll dieser Prozess nicht ausführlicher beschrieben werden. Zentrale Fragen sind: 

Was ist das Ziel bzw. die Herausforderung?
Was will man herausfinden?
Was muss man herausfinden?
Was ist möglich herauszufinden?
Was ist unmöglich herauszufinden?

Dieser kleine Fragenkatalog soll vor allem die Bedeutung hervorheben, wie wichtig die Beschäftigung mit der Person (im Vorfeld) ist, die man zu einem Gespräch bzw. einem Interview trifft.

Die Auswertung (Unpacking) der Gespräche basiert daher auch auf der subjektiven Perspektive (individuelle, psychologische Wahrnehmung), die eine Gesprächspartner:in zum Ausdruck bringt. 

Es geht immer darum, der Einzigartigkeit von Menschen einen aufmerksamen Raum einzuräumen. Menschen sind grundsätzlich komplex und erst wenn man diese Komplexität akzeptiert und damit auch Unschärfen in der Analyse als natürlich und normal inkludiert, lassen sich prägnante Beschreibungen von Zielgruppen und ihrer Lebenswelten entwickeln.

Menschen sagen nicht immer, was sie denken.
Menschen denken nicht immer, was sie machen.
Menschen machen nicht immer, was sie fühlen.
Menschen fühlen nicht immer das, was sie (wirklich) wollen.

Diese qualitativen Gespräche und Interviews sind ein Herzstück des Prozesses. Es geht darum, möglichst prägnante Statements, typische Aussagen und damit konkrete Zitate der Gesprächspartner:innen semantisch auszuwerten. 

Persona-Storybuilding = Characters (real, tangible, narrative)

In der Regel sind 10 bis 20 Gespräche mit Personen aus einem empirisch begründeten Hintergrund eine gute Basis für die Analyse und der Entwicklung sogenannter Personas als Vertreter:innen relevanter Zielgruppen.

Ziel dieser Auswertung ist die Beschreibung möglichst prägnanter und zueinander differenzierter Lebenswelten (der Zielgruppen = eine Persona als Vertreter:in). 

Idealerweise entwickelt man für jede Zielgruppe plakative und kategorisierende Titel. Hier geht es darum, kraftvolle Charakteristiken so verkürzt zu benennen, dass damit eine Art sozialer Rolle und Position deutlich wird. 

Ein weiterer Teil der Entwicklung der Personas ist eine Story zu jeder Figur (als fiktive Protagonist:in). Mit Story meinen wir tatsächlich das Potenzial einer möglichst nahbaren und tangiblen Geschichte, welche die Persönlichkeit (die Zielgruppe typisierend) deutlich werden lässt.

Es soll eine möglichst reale und emphatisch [2] gut nachvollziehbare Lebenswirklichkeit beschrieben werden, die sich klar von den im klassischen Marketing üblichen allgemeinen und oft austauschbaren Beschreibungen von Zielgruppen abhebt.

Dabei entsteht eine oder mehrere Kurzgeschichte/n, in der die Persona prägnant und teilweise leicht überzeichnet beschrieben wird. Es geht um die Einprägsamkeit der Figuren, es geht darum, dass die Figuren in der Folge konkret für die Entwicklung kommunikativer Maßnahmen genutzt werden sollen. 

Idealerweise werden die Personas im laufenden Prozess der Entscheider:innen für die kommunikativen Massnahmen so verinnerlicht, dass sie eine Funktion (zum Beispiel bei der Frage nach der Plausibilität und Akzeptanz) im Zusammenhang der geplanten Kommunikationsmassnahmen erhalten.

Point of View = Challenge Focus (hidden perspectives)

Ein relevanter Filter für diese Auswertung (Unpacking) ist die Differenzierung (Abgrenzung) zwischen User, Need und Insight, die in der Konsequenz zu sogenannten Point of Views (POV) führen sollen. 

Point of View = USER + NEED + INSIGHT = NEED

Bei der Konzentration auf den User (hier nicht ausschliesslich im Zusammenhang mit der Benutzung digitaler Medien gemeint), geht es um die Analyse konkreter Statements, Meinungen, Zitate, generell um harte Faktoren der Aussagen, alles, was man als offensichtliche Sicht und Perspektive bezeichnen würde.

Die Frage und Konzentration auf den Need beschäftigt sich in der semantischen Auswertung auf eine vertretene Meinung, auf das, was die Gesprächspartner:in besonders hervorgehoben hat (Relevanz). Generell geht es um weiche Faktoren, das, was nicht zwingend offensichtlich ist und zwischen den Zeilen gelesen werden kann.

Die Konzentration bei der Auswertung auf die Insights legt den Fokus auf die Person, die das Gespräch vorbereitet und geführt hat. Es geht dabei klar um subjektive, gleichwohl trotzdem eine professionelle Perspektive. Was war unerwartet? Was war überraschend? 

Gibt es Beobachtungen, Interpretationen und Reflexionen, die nicht direkt von der Gesprächs:partnerin artikuliert wurden, die aber in der Luft lagen, die in dem Gespräch mitschwangen und tatsächlich nur mit Empathie seitens der gesprächsführenden Person deutlich werden? Wann ja, dann gehören diese klar zum Set der Analyse bzw. Gesprächsauswertung.

Neben den genannten Überraschungen können hier auch Widersprüche oder auch Spannungen deutlich werden, die Teile der Auswertung bestimmen (Empathy-Mapping).

Der weiter oben sogenannten Point of View (POV) ist ein Ansatz, aus dieser Gesprächsauswertung eine prägnante Perspektive auf das eigene kommunikative Vorhaben im Zusammenhang der Markenentwicklung zu erhalten. 

Lebenswelten und Relevant Sets

Der Fokus in diesem Prozess der Entwicklung aussagestarker Personas ist der Aufbau sogenannter Lebenswelten, die idealtypisch für die Figur als Vertreter:in einer Zielgruppe (Stilgruppe) stehen können.

Hier spielt methodisch der parallele Aufbau bzw. Definition sogenannter Relevant Sets eine wichtige Rolle. Ein Relevant Set definiert sich mittels überwiegend konsumorientierter Kategorien, die konzentrisch um die Persona angeordnet werden. 

Typische Kategorien sind zum Beispiel Sport, Elektronik, Hygiene, Lebensmittel oder Freizeit. 

Ein Relevant Set definiert die jeweilige Bedeutung und damit das Vertrauen, das eine Zielgruppe in Verbindung einer alltäglichen Kategorie, einem Produkt, einer Dienstleistung und damit immer auch gegenüber dem Anbieter (= Marke) entgegenbringt. 

Die damit verbundenen Fragen sind trivial. Ein Bespiel: Wenn sie Lebensmittel einkaufen, was ist ihre erste, ihre zweite und/oder auch dritte Adresse (Anbieter = Marke)? 

Ein Relevant Set ist eine (wie der Begriff es zum Ausdruck bringen will) Festlegung seitens der Zielgruppe mit hoher Relevanz. Man kann auch sagen, dass eine Konsument:in einem bestimmten Produkt bzw. einer Marke eine herausragende Position einräumt, vergleichbar mit der Form der Markentreue, die man durchaus auch als Beziehung bezeichnen darf. 

Übersetzt könnte man sagen: Solange ich nicht enttäuscht werde, greife ich bei dem Thema (= Bedarf) in meinem Leben (Kategorie) immer zu dem Produkt/der Marke. Dieser Vorgang eines integrativen Verhaltens gleicht psychologisch auch einem intrinsischen Vorgang, da hier nicht oder nur noch sehr wenig über die Auswahl nachgedacht wird. Man könnte auch sagen, dass eine solche Festlegung für eine Marke auf einem Relevant Set mit der Treue in einer Partnerschaft vergleichbar ist.

Interview-Mapping, Brand-Reflection, Brand-Factoring

Die Auswertung der Gespräche bzw. Interviews wird mit der Methode des Unpacking durchgeführt. Das bedeutet in einer Kurzform beschrieben, dass wesentliche Inhalte der Gespräche faktisch, semantisch, aber auch reflektiv und subjektiv in mehreren Durchgängen analysiert und extrahiert werden (Kernaussagen, Statements). 

Dieser Prozess der Analyse führt zu verschiedenen Sets von Aussagen, idealerweise durch die konkreten Zitate (= das, was die Gesprächspartner:innen tatsächlich und wörtlich gesagt haben), welche in einer darauf aufbauenden Phase zu Clustern (thematischen Inseln) gebündelt werden. Dabei können unterschiedliche Kategorien [2] zum Einsatz kommen, die immer das gleiche Ziel haben: Wie lassen sich die [überwiegend] sprachlichen Fundstücke in eine Verbindung bzw. zu einer Positionierung setzen, die im Zusammenhang einer Marke entwickelt wurde oder weiterentwickelt werden soll. 

Wir gehen hier davon aus, dass eine Institution bzw. ein Unternehmen eine Markenpositionierung und die damit verbunden Attribute [2] eines Markenkerns, Markenwerten und Markendifferenziatoren (transmittierende Erläuterungen der Markenwerte, eine Art Übersetzungshilfe = wie kann ich das konkret verwenden?) entwickelt haben bzw. sich diesen bewusst ist und damit auch in der Lage, die Ergebnisse der Zielgruppenanalyse (Statements und Zitate) in einen Zusammenhang zu den Zielen und der Positionierung der eigenen Institution (üblicherweise ein Unternehmen) zu bringen. 

Für die Einordnung der extrahierten Aussagen werden die vorab beschriebenen [gerne überzeichneten] Kategorisierungen der Zielgruppen (Bezeichnungen bzw. Namen für die Personas) genutzt. Beispiele dazu:

Urban-Street-Life-Starter

Menschen, üblicherweise in noch jungen Alter, geprägt von den Anforderungen einer Stadt, ihren Weg in eine erste Form der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit suchen und entwickeln. Bei diesem Personenkreis einer spekulativen Zielgruppe müssen ökonomischen Kategorien üblicherweise noch eine untergeordnete Rolle spielen (auch, wenn eine gewisse Absicherung durch die Eltern bzw. den sozialen Hintergrund möglich wäre).

Neo-Conventional-Homies

Menschen, die in einer relativ frühen Phase ihres Lebens einen gewissen ökonomischen Standard erreicht haben bzw. die in relativ hoher Absicherung aufgewachsen sind und Veränderungen in diesem Bereich negativ wahrnehmen würden. Damit verbunden ist auch ein Persönlichkeitsprofil, das mit einer hohen Heimatverbundenheit ausgestattet ist. Im Alltag zeichnet sich dies vielfach dadurch aus, dass Aktivitäten überwiegend in der eigenen Wohnung (Netflix-Generation) stattfinden, was jedoch nicht zwingend bedeutet, dass dieser Personenkreis nicht grundsätzlich gastfreundlich ist bzw. gerne wäre.

Simple-Satisfied-Minds

Menschen, die entweder dominiert durch Einschränkungen ihrer Bildungsabschlüsse oder als freiwillige Entscheidung einen relativ einfachen Beruf erlernt haben und diesen überwiegend mit Freude ausüben. Dieser Typ ist im Grunde zufrieden mit der eigenen Situation und macht sich nicht ständig Gedanken darüber, was alles anders bzw. besser sein könnte. Ein Typ Mensch, der dem Leben mit Offenheit und dem Bedürfnis nach Genuss begegnet und dafür auch viel unternimmt.

Es wird hier hoffentlich klar, was die Idee von Personas in der Anwendung bedeutet. Es geht darum, Charaktere und damit Vertreter gesellschaftlicher Rollen, Haltungen und Positionen in einem Typ (= Persona) zu bündeln, welcher für eine grössere Gruppe dieser Gesellschaft als Vertreter:in stehen kann (= Zielgruppe). 

Diese Typisierung ist der Startpunkt für die Bildung von Clustern nach Ähnlichkeiten. Über das sogenannte Interview-Mapping werden die extrahierten Statements und Zitate der Gesprächspartner:innen in eine direkte Verbindung mit den Personas gebracht. Idealerweise kommt damit die Bedeutung der Aussagen innerhalb der Personas (= Zielgruppe) visuell zum Ausdruck. Wir sprechen hier von Häufigkeiten einzelner Aussagen (Summenbildung), von Ausdrucksstärke durch überraschende Statements, aber auch von Widersprüchen, die bedeutsam in der Aussage scheinen, ohne dass man diese in diesem Augenblick komplett er- oder aufklären könnte. 

Mit der sogenannten Brand-Reflection werden einzelne Statements aus den analysierten Gesprächen, welche mit hoher Treffsicherheit zur Positionierung der eigenen Institution passen, auch auf dieser Ebene verortet. Man nutzt diese Aussagen für den eigenen Zweck und löst sie dabei auch von der zwingenden Zuordnung zu den Personas. Warum? Es ist für die Kommunikation eines Unternehmens virulent (im Sinne einer hohen Wirksamkeit), partizipative und integrative Positionen und Aspekte zu finden, die auch für alle Zielgruppen attraktiv sind bzw. akzeptiert werden. 

Die Methode des Brand-Factoring als letzten Baustein in diesem Prozessschritt versucht nun, einzelne Aussagen dahingehend zu bewerten (Evaluierung), dass ihr Beitrag im Sinne der Ziele für die Institution (Unternehmen) deutlich werden. Der Begriff Factoring bedeutet (aus dem lateinischen) Rechnung und wird im englischen Sprachraum auch dafür genutzt. 

Es geht dabei darum, wie einzelne Statements und Positionen der Interviewauswertung in Bezug auf ihren verwertbaren Beitrag für die eigenen Ziele genutzt werden können. Mit einfachen Worten geht es um die schlichte Frage, ob ökonomische Effekte erzielbar sind, sprich: die Zielgruppe bereit wäre, für ein bestimmtes Angebot auch einen Preis zu bezahlen.

Brandwheel-Mapping

Die Inhalte der vorangegangenen Phase werden nun komplett genutzt, um diese in eine logische bzw. semantische Beziehung zu der eigenen Positionierung zu bringen (üblicherweise in Form eines Brandwheels = Markenrad). 

Dabei werden die Statements, Aussagen und Zitate radial angeordnet. Auszeichnungen und visuelle Hervorhebungen helfen dabei für die Orientierung [2].

Bei diesem Prozessschritt wird deutlich, bei welchem Aspekt der Positionierung der eigenen Institution Häufungen auftreten und damit eine relativ hohe Überschneidung der Interessen, Sichtweisen (POV) und Haltungen [2] und welche Themen, die für die Positionierung der eigenen Marke bedeutsam sind, kaum auf Resonanz bei der avisierten Zielgruppe stösst. 

Dies Auswertung der Gespräche bzw. Interviews ist an diesem Punkt besonders relevant, da dabei für den folgenden Prozess erste Fragen auftauchen, die eine Antwort suchen. 

Letztlich geht es um die Kenntnis gesellschaftlicher Prozesse in ihrer Unterschiedlichkeit. 

Marken, die ihre eigene Position auch als Teil einer Gesellschaft verstehen, erkennen das Potenzial, welches sich dadurch entfalten kann, wenn man auch Teil dieser Geschichte ist (Narrativ), man zu den Geschichten der Menschen in dieser Gesellschaft passt und die eigene [Marken-] Geschichte nur in einem Resonanzraum zu dieser Gesellschaft erzählt.

Status- und Forsight-Analyse

Ab diesem Punkt der Beschreibung zur Methode des Narrative Branding verlassen wir ein thematisches Spektrum, das üblicherweise mit Markenkommunikation in Verbindung gebracht wird. 

Wenn wir von Status- und Forsight-Analyse sprechen, dann meinen wir eine möglichst umfassende Perspektive zu allen Themen und Aspekten, die für die Gesellschaft (lokal und regional, aber auch national, international und global) prägen und damit verändern wird. 

Da hier selbstverständlich kein komplettes Bild aller Veränderungen gezeichnet werden soll und auch nicht gezeichnet werden kann, liegt der Fokus auf gesellschaftliche Themen und Felder, die in einem inhaltlichen Zusammenhang der eigenen Positionierung stehen. 

Dabei soll unterstrichen werden, wie auch Themen mit einer grösseren Distanz relevant sein können, da diese in der Zukunft spekulativer Teil der Lebenswelt einer Zielgruppe sind und damit zum Gesprächs-, Akzeptanz- und Entscheidungsraum derselben werden. 

Mit anderen Worten könnte man sagen, dass alle Einflussfaktoren, welche auf Menschen einwirken, auch einen systemischen Zusammenhang haben. Sie verändern das Sein der Menschen und damit auch die Art und Weise, welche Prioritäten bedeutsam werden. Nicht zuletzt prägen sie damit zukünftige Entscheidungen. 

Hier passt ein Zitat des kanadischen Medien- und Kommunikationstheoretiker Harold Innis (1894 – 1952), der die These vertreten hat, wie Veränderungen in der Kommunikation (vor allem der Kommunikationstechnologie) und generell der Innovation immer drei Wirkungen hat:

01 Sie verändert die Struktur der Interessen 
(die Dinge, über die nachgedacht wird)
02 Den Charakter der Symbole 
(die Dinge, mit denen gedacht wird)
03 Das Wesen der Gemeinschaft 
(die Sphäre, in der sich Gedanken entwickeln)

Herold Innis

Im Kern geht es bei der Beschreibung gegenwärtiger und zukünftiger Trends und Veränderungen um deren potenzielle Implikation für die eigene Zielstellung. Mit Trends sind hier explizit nicht nur technologische (produkt- und serviceorientierte) Veränderungen gemeint, sondern auch ökologische, soziale, kulturelle, wie auch politische und ideologische Signale, welche auf einen veränderten gesellschaftlichen Akzeptanzraum hindeuten.

Expert-Interviews, Expert-Networking

Dabei ist es hilfreich, sich mit professionellen Studien zum generellen Themenkomplex wie auch zu einzelnen Themen zu beschäftigen. Gespräche mit Expert:innen können hier ebenso hilfreich sein wie eine gewisse Kompetenz im Umgang mit Wissenschaftsbereichen wie der Soziologie, der Volkswirtschaft, der Empirie, aber auch der Sozialpsychologie, der Anthropologie und Handlungstheorie [2]. 

Es ist klar, dass diese Themenfelder nicht in der Tiefe ihrer Bedeutung in die Betrachtung zu Trends und Veränderungsprozessen einfliessen können. Doch das ist für eine hilfreiche Einordnung bzw. ein weitergehendes Verständnis zu denselben auch nicht nötig. Es geht in diese Phase des strategischen Prozesses darum, damit Thesen bzw. Hypothesen entwickelt werden, die sich in der Folge für Szenarien und damit Narrative nutzen und verwerten lassen, bei welchen die vorab angesprochenen Personas eine bedeutende Rolle spielen.

Idealerweise wird dieser Prozess dadurch unterstützt, dass ein differenzierender Input mit Expertinnen und Experten gesucht wird. Damit meine ich auch den Aufbau eines Expert:innen-Netzwerkes, welches generell für Prozesse dieser oder ähnlicher Art einen co-explorativen Wert entfalten könnte. Mit Co-Exploration meine ich den Wert für beide Seiten, vor allem durch die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Perspektive. 

Wenn ich mit einer Wissenschaftler:in bzw. Expert:in im Bereich nachhaltiger Architektur spreche, dann liegt es üblicherweise in der Natur der Sache (eines Expertengesprächs), dass beide davon profitieren. Dieser Aspekt soll so hervorgehoben werden, damit ein strategischer Ansatz, der mit [Multi-] Komplexität umgehen will, immer einen inter- besser noch eine trans-disziplinären Ansatz verfolgen sollte.

Strategische Fokussierung (Strategic Focus)

Bevor der Prozess in die eigentliche Phase der Grundidee zu Narrativ Branding eintritt, ist es sinnvoll, eine Art Inventur der Erkenntnisse und Konsequenz für die darauf aufbauenden Schritte vorzunehmen. Was sind die bedeutenden, die herausragenden Aspekte dessen, was man bis zu diesem Prozessschritt fokussieren kann. 

Aus einer reinen Businessperspektive würde man dies ein Executive Summary nennen, also eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte im Zusammenspiel relevanter Entscheidungen für ein Unternehmen. Dieser Vergleich zu einem Executive Summary soll hier bewusst positioniert werden, da auch die Strategie rund um die Kommunikation einer Marke ein inklusiver und integrativer Teil der Unternehmensstrategie sein und nicht in eine nachrangige Phase portiert werden sollte.

Diese strategische Fokussierung bündelt relevante Erkenntnisse und versucht, diese so eng wie möglich mit den Zielen der Institution bzw. des Unternehmens zu verbinden. Dabei geht es vor allem darum, über relevante Trends und gesellschaftliche Veränderungen so präzise wie möglich zu spekulieren. 

Um diese Spekulation aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, ist es sinnvoll, sowohl die eigene Position (Unternehmensziele) zu nutzen, aber auch den Blickwinkel des Interview-Mapping (Zielgruppen bzw. darauf aufbauend die Personas) sowie die Perspektive der untersuchten Benchmarks zu berücksichtigen. Letztlich ist die absehbare wie auch die weiter entfernte Zukunft mindestens so komplex wie die Gegenwart.

Critical Factors = potential activities
Kritische Faktoren = potenzielle Aktivitäten

Teil der strategischen Fokussierung ist der Übergang zu der Entwicklung von Szenarien, die in der Folge immer stärker den Charakter des Storytelling und damit eines Narrativs bis hin zur Allegorie erhält. 

Dabei geht es um sinnbildliche Beschreibungen und damit exakt das, wie Kommunikation zwischen Menschen in der Realität stattfindet: oft indirekt mit der Notwendigkeit zur Entschlüsselung, zu einem Lesen zwischen den Zeilen des Gesagten und damit dem, was tatsächlich gesagt wurde. 

Erst an diesem Punkt dringt man zu einer Position (Insight), die im Vorfeld wie folgt beschrieben wurde:

Marken, die ihre eigene Position auch als Teil einer Gesellschaft verstehen, erkennen das Potenzial, welches sich dadurch entfalten kann, wenn man auch Teil dieser Geschichte ist (Narrativ), man zu den Geschichten der Menschen in dieser Gesellschaft passt und die eigene [Marken-] Geschichte nur in einem Resonanzraum zu dieser Gesellschaft erzählt.

In dem folgenden Prozess werden in der Kategorie Kritische Faktoren Themen und Herausforderungen beschrieben, die für die Ziele der Institution, des Unternehmens gelöst werden sollten bzw. die in der Zukunft [2] mindestens eine Position, eine Haltung und ggfs. eine Antwort nötig machen. Dabei geht es um unterschiedliche gesellschaftliche Veränderungen, aber auch technische Veränderungen jeder Art (wie im Vorfeld beschrieben). Die Konzentration liegt dabei auf einer möglichst eindringlichen und schlüssigen Beschreibung von Trends und Veränderungen, welche neue habituelle Standards und Konventionen zur Folge haben könnten.

Als potenzielle Reaktion werden unter der Kategorie Potenzielle Aktivitäten spekulative Massnahmen beschrieben, die als konstruktive Antwort diesen Herausforderungen begegnen könnten und dadurch zukunftsorientiert die institutionellen Ziele auch langfristig zu sichern.

Wichtig dabei ist, dass die Kurzszenarien, wie sie als potenzielle Aktivitäten beschrieben werden, noch keine konkreten Lösungen beschreiben, sondern eher grundsätzliche und offene Formulierungen suchen. Konkrete Ideen und faktische Lösungsvorschläge werden in der Folge (Vision-Snapshots) entwickelt, wenn mit konkreten Szenarien ein spekulativer Alltag und dem Einsatz der entwickelten Personas erzählt wird. 

Dabei spielen in sogenannten Dialogräumen vor allem jene Einflussfaktoren eine bedeutende Rolle, die für die fiktiven Protagonisten (Personas) eine lebensverändernde Wirkung haben. Einfach ausgedrückt folgt die Logik der Methode des Narrative Branding der Überzeugung, dass Entscheidungen immer in systemischen Zusammenhängen unterschiedlicher Dominanz getroffen werden. 

Man könnte auch schlicht sagen: Alles hängt mit allem zusammen und menschliches Verhalten ist immer von den Wirkkräften aller Einflüsse und damit Prägungen bestimmt, welche sich permanent wandeln.

Trend-Transmission = Relevanz für Produkte und Services (Case-Building)

Wie vorab beschrieben, soll mit dem Ansatz einer Trend-Transmission die Bedeutung bzw. die Herausforderung relevanter Einflussfaktoren auf gesellschaftliche Konventionen mit der Gegenüberstellung Kritischer Faktoren und Potenzieller Aktivitäten beschrieben werden.

Konkret würde man in einer essenziellen und damit kurzen Beschreibung eine wesentliche Entwicklung vorstellen, die spekulativ auch in einem systemischen Zusammenhang zu der Marke der Institution bzw. Unternehmens steht, man also vermuten würde, wie sich dadurch grundsätzlich gesellschaftliche Verhaltensmuster verändern. Dabei geht es um sozio- bzw. makroökonomische Perspektiven, die hier möglichst verständlich und praktisch beschrieben werden sollen. Um dies ein wenig verständlicher zu machen in der Folge ein fiktives Beispiel zu einer fiktiven Institution und ihrer Marke:

Marke X und Minimalismus

Kritische Faktoren (Einflussfaktor)

Produkte werden immer komplexer, sowohl technisch als auch funktional. Die konkrete Kompetenz zu einfachen Lösungen verschwindet zunehmend aus dem Alltag.
Der Alltag wird zunehmend bestimmt durch digitale Lösungen (IoT, Smart Home, Deep-Learning, u. a.), von Modularisierung und Connectivity (digital). Menschen realisieren, dass zentrale Faktoren ökonomischer Gesetze und Glaubenssätze reformiert werden müssen, um die globalen Anforderungen im Sinne eines verantwortlichen Umgangs mit Ressourcen, dem Bewusstsein sozialer Implikationen und der Bedeutung all dieser Fragen im Zusammenspiel politischer, vor allem auch ideologischer Überzeugungen nachhaltig und positiv zu gestalten.
Gleichzeitig empfinden Menschen die freiwillige Reduktion ihrer Gewohnheiten als Verlust.
Es wird eine kulturelle, eine soziale und damit auch eine politische Herausforderung, hier positivistische und attraktive Angebote zu machen, die gerne angenommen und nicht als Mangel wahrgenommen werden.

Potenzielle Aktivitäten (für die Marke X)

Das bedeutet für die Marke und das Unternehmen X eine Herausforderung, da damit ökonomische Potenziale, welche gegenwärtig kurz- und mittelfristig zur Wertschöpfung beitrugen, in der Zukunft möglicherweise nicht mehr realisierbar sind, da die damit verbundenen Produkte nicht akzeptiert werden. Gleichzeitig bietet sich ein Potenzial im Zusammenhang einer höheren und nachhaltigeren Qualität zukünftiger Produkte, die sich auch positiv auf die Positionierung der Marke innerhalb der Kommunikationsmassnahmen auswirken kann. Bei einer behutsamen Strategie der Diversifikation zukünftiger Produkte könnten damit auch massive [ökonomische] Verluste verhindert werden. 

In dieser Phase der Gegenüberstellung relevanter Trends bzw. gesellschaftlicher Veränderungen sowie der Bedeutung für die Institution (Unternehmen) und der damit verbundenen Marke sollen generelle strategische Erkenntnisse wie auch für die strategische Kommunikation gewonnen werden. Idealerweise illustriert dieser Prozess auch einen prospektiven Blick in die Zukunft (logarithmisch = unterschiedliche Zeitspannen) und führt in einer Art Rückschrittsplanung zu belastbaren Argumenten für darauf aufbauende Aktivitäten.

Rückschrittsplanung

Ein abschliessendes Ergebnis dieser Phase kann eine oder können mehrere Point of Views (POV – in Kurzform beschriebene Positionen zu einzelnen Herausforderungen) aus der Perspektive der Institution bzw. des Unternehmens formuliert werden. Diese dienen im Weiteren als eine Form der argumentativen Gegenprüfung für strategische Entscheidungen.

Aktivitäten, Vision-Snapshots, kurz-, mittel- und langfristige Planung und Risikoeinschätzung

Die im Folgenden sogenannten Vision-Snapshots sind im Prinzip Mini-Szenarien, bei denen die im Vorfeld ausführlich beschriebenen Personas zum Einsatz kommen sollen. Diese Szenarien sind das eigentliche Herzstück der Methode Narrative Branding, da mit dem Mittel des Storytelling konkrete, vor allem lebensnahe Narrative erzählt werden sollen.

Der wesentliche Faktor dabei ist, dass die Personas in ihrer individuellen Charakteristik (als Vertreter:innen) einer damit verbundenen Zielgruppe, möglichst authentisch und tangibel (fühlbar, be-greifbar) werden. Es geht um Rollen und darum, dass die Persona als Persönlichkeit in verschieden (Alltags-) Situationen kommunikativ auftritt. Damit ist gemeint, dass es um eine normale, möglichst typische Sprache (= Reaktion) geht und nicht um eine Idealisierung [2]. 

Die Persona ist eine fiktive Persönlichkeit, die – vergleichbar mit einer Figur in einem Film oder in der Literatur – auch eine Funktion für die Dramaturgie der Situation selbst hat. Im Prinzip beschreiben die Vision-Snapshots Kurzgeschichten und damit eine Situation im Alltag, bei der idealerweise ein Thema aus der Trend-Transmission (Kritische Faktoren und Potenzielle Aktivitäten) im Fokus steht.

Mit den Begriffen der Authentizität und Nahbarkeit der Personas ist als vor allem gemeint, dass diese mit ihrer Emotionalität und Irrationalität ebenso deutlich werden wie ihre speziell kognitiven, logischen und damit rationalen Reaktionen zu einem Thema in der jeweiligen Situation.

Jeder Vision-Snapshot erhält in der Folge eine Einordnung zu zwei Umsetzungskategorien. 

Zeit (Realisierbarkeit)
[1] kurzfristig
[2] mittelfristig
[3] langfristig 

Aufwand / Risiko
LOW – Moderat, relativ einfach zu realisieren, der sichere Weg.
MID – Ambitioniert, bedeutsame Veränderung, gewisses Risiko.
HIGH – Mutig, eine neue Richtung, relativ radikal und risikoreich.

Storytelling, Personas, Soziale Interaktion, Beziehungsebenen.

In dieser Phase werden nun kurze Episoden erzählt, die möglichst einen pragmatischen und gut nachvollziehbaren Fokus auf einen Aspekt legen, der im Zusammenhang der Trend-Transmission deutlich wurde. Dabei geht es auch darum, dass zwischen den Personas entweder schon eine Beziehung deutlich wird oder sich diese in der beschriebenen Situation anbahnt.

Persona, Meeting Points, Touchpoints for Activities

Daher ist es sinnvoll, dass im Zusammenspiel der Methode Narrative Branding mehrere Personas definiert werden. In den damit verbundenen Beschreibungen können die möglichen Beziehungen schon angelegt sein (Verwandtschaft, Freundschaft, beruflich oder Kombinationen davon). Wie schon angesprochen kann es aber auch sinnvoll sein, dass sich die Personas in einer in der Folge beschriebenen Alltagssituation (Vision-Snapshots) erst kennenlernen und sich in diesem kurzen Diskurs (fiktives Gespräch) eine Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema ergibt. Dazu ein kurzes Beispiel:

Marke X + Urban Upcycling Event

An einem Samstagvormittag findet auf dem Marktplatz in Beispielstadt in einem seit über einem Jahr leer stehenden kleinen Kaufhaus und dem geräumigen Platz davor ein Upcycling-Event statt. Persona A und ihre Freundin kommen dort zufällig vorbei. Da sie keine besonderen Pläne haben, lassen sie sich verführen und gehen in das Kaufhaus, das sie seit Jahren nicht mehr betreten haben. Alles ist ein wenig runtergekommen und provisorisch, teilweise entdecken sie noch Teile der alten Einrichtung, aber alles ist liebevoll gemacht und sehr kreativ. Sie flanieren durch die Räume. Das Thema Upcycling ist ihnen nicht ganz neu, sie haben schon darüber gelesen. Nicht zuletzt bei Pinterest sehen sie immer wieder mal Beispiele von Leuten, die zeigen, was man noch alles aus Dingen machen kann, die oft achtlos weggeworfen werden. Aber hier scheint es nicht nur darum zu gehen, was man alles noch in einer anderen Form gut weiter benutzen kann. 

Zwischendrin sehen Persona A und ihre Freundin auch immer wieder Unternehmen, die sich hier auch mit ihren Ideen präsentieren. Gleich links von dem Eingang bleiben sie bei einer Eventfläche der Marke X stehen und sind nicht schlecht erstaunt. Das Unternehmen stellt hier neue Produkte vor. Dabei geht es, so viel haben sie schon gelernt, nicht unbedingt um Upcycling, aber es geht um den Einsatz von Ressourcen, die für bestimmte Teile der Produkte der Marke X komplett neu aufbereitet und damit eine neue Verwendung gefunden haben. Ausserdem informiert die Marke X sehr ausführlich über den kompletten Weg, wie man aus diesen ehemaligen Produkten neue Rohstoffe gewinnen kann und diese hier sehr innovativ und neu zum Einsatz kommen. Persona A und ihre Freundin sind über die besondere Haptik der Oberfläche erstaunt und finden auch, dass das ästhetisch ein echter Hingucker ist. 

Der Preis für das Produkt X ist allerdings nicht wirklich niedrig, aber sie verstehen, dass der Aufwand, auch da die Produkte offensichtlich mit grosser sozialer Verantwortung fair produziert werden, seinen Preis haben darf. Dazu kommt, dass das Unternehmen X eine sehr lange Garantie für die Produkte verspricht und mit dem Kauf, sollte dies nötig sein, eine kostenlose Reparatur verbindet. Persona A und ihre Freundin scannen den QR-Code einiger der Produkte und haben damit weitere [digitale] Informationen, wenn sie später sich doch vielleicht dazu entschliessen sollten. Als die beiden das alte Kaufhaus verlassen, kommt die Cousine von Persona A auf die beiden zu. Persona A fällt sofort auf, dass ihre Cousine ein Produkt von der Marke X um die Schulter trägt. Sie denkt sich: klar, dass sie die sofort um den Finger wickeln konnten. Aber so hat sie Gelegenheit, das Produkt X noch einmal genauer anzuschauen. Die drei gehen um die Ecke, um einen Kaffee zu trinken. Dabei kommen sie auch ins Gespräch zu dem Produkt X der Marke X und dass sie schon erstaunt sind, dass so eine bekannte Marke so etwas macht. Irgendwie sind sie beeindruckt, sehen aber vieles auch kritisch und sind nicht so ganz sicher, ob man denen alles abnehmen soll, was auf Eventfläche der Marke X so toll klang. Mal sehen…

Einzelne, besonders relevante Vision-Snapshots können vertiefend mit einer Gesprächssituation (= Ablauf) weiter ausgebaut werden. Dabei geht es im Kern darum, dass der Diskurs des Gespräches zwischen den Personas unterschiedliche Positionen widerspiegelt, die sich in der Chronologie der Kommunikation verändert, einfach aus dem Grund, da die Protagonist:innen sich gegenseitig Argumente (instruktiv und konstruktiv) anbieten und damit die Position der jeweils anderen Person verändert. Dieser Prozess, der auch als Dialograum bezeichnet werden kann, hat das Potenzial, die kommunikative Fieberkurve eines Gespräches (der Versuch zur gegenseitigen Überzeugung) eindringlich zu verdeutlichen.

Kommunikative Fieberkurve

Interviewmap und Brandwheel Connection

Alle so formulierten Vision-Snapshots, verbunden mit einer spekulativen Einschätzung zum idealen Umsetzungszeitpunkt und dem damit verbundenen Risiko, erhalten eine Nummer und werden im Anschluss sowohl auf der Interviewmap, als auch auf dem Brandwheel im Umfeld der passenden Aussagen (Gesprächsauswertung der Interviews bzw. Gespräche) bzw. den Markenwerten und Markendifferenziatoren verortet.

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, dass zentrale Aussagen einzelner Gruppen von Probanden (Essenz der ausgewerteten Gespräche bzw. Interviews) zu einem Cluster gebündelt und radial um das Brandwheel so verortet werden, dass die stärkste Affinität [2] bzw. Anziehung zu den Markenwerten und -differenziatoren deutlich und nachvollziehbar wird. Diese Cluster reflektieren jeweils eine Persona.

Durch diesen Prozess erhalten die jeweiligen semantischen Begriffe auf der Interviewmap, vor allem aber die Markenziele auf dem Brandwheel durch die Vernetzung mit den Szenarien der Vision-Snapshots eine besondere und neue Strahlkraft. Die Werte einer Marke und ihrer vertiefenden Markendifferenziatoren erhalten über die Szenarien, bei denen die Personas zum Sprechen bewegt wurden und als Vertreter:innen unterschiedlicher Zielgruppen ihre Positionen austauschten, eine belastbare Basis (der Argumente), um die Planung für konkrete Aktivitäten im Sinne der Unternehmensstrategie und ihrer kommunikativen Herausforderung zu diskutieren und zu entscheiden.

Mit diesem Prozess bzw. der Methode des Narrative Branding erhalten Institutionen und Unternehmen einen Massnahmenkatalog, um die Spekulation über potenziell sinnvolle und zukunftsorientierte Entscheidungen in einer engen und empathischen Zugewandtheit gegenüber gesellschaftlichen Trends und Veränderungen zu bewerten und in der Folge zielsicher zu gestalten. 

Das zentrale Ziel der Methode des Narrative Branding ist (in einer dritten Wiederholung) der Kompetenzaufbau für die Einschätzung gesellschaftlicher Akzeptanz. Dazu noch einmal der schon bekannte Leitsatz:

Marken, die ihre eigene Position auch als Teil einer Gesellschaft verstehen, erkennen das Potenzial, welches sich dadurch entfalten kann, wenn man auch Teil dieser Geschichte ist (Narrativ), man zu den Geschichten der Menschen in dieser Gesellschaft passt und die eigene [Marken-] Geschichte nur in einem Resonanzraum zu dieser Gesellschaft erzählt.

Weitere Einzelmethoden, die im Zusammenspiel mit der Methode Narrative Branding eingesetzt werden, sind unter anderem (teilweise wurden sie hier erklärt):

Wettbewerb-Screening (1., 2., 3. – Grades)
Benchmarks (1., 2., 3. – Grades, positiv/negativ)
Cross-Competition
Up-/Down-Competition
Limitation-Matrix
Potential-Matrix
Trend-Design-Board
Business-Design-Board
USP (Alleinstellung, herausgehobene Leistung/Kategorie)
Positionierung
Brand-Wheel (Kern, Werte, Differenziatoren)
Produkt-Typisierung
Service-Typisierung
Dive-In-Mapping
Product-Setcards
Service-Setcards
Offer-Setcards
Vision-Setcards
Trend-Analyse (Ist-/Forsight-Analyse) + Relevanz
Interviews/qualitative Gespräche
Shadowing (User-Research)
Cultural Probes (User-Research)
Screening, semantische Evaluation
Reframing (Frameworks)
Personas (Building)
Relevant Set
POV (User + Need + Insight)
Projektfrage, HMW-Frage (Challenge)
Kritische Faktoren und Potenzielle Aktivitäten
Vision-Snapshots (Timing, Risk-Factor)
Dialograum (Prozesskommunikation)
Activity-Wheel
H2-Questions
Prototyping + Testing
Sales Journey
Product Journey
Usage Journey
Brand-As
Product-As
Service-As
SWOT-Analyse
Moodboard (Persona-Perspective, POV)
Designboard (Design-Directions)
Markteintritt (Vertriebs-) Dramaturgie
Medienwahl
Design- und Kommunikationsprozess
Vision-Building (Alternativen, Fail-Answers)

Diese Kurz- bzw. Einzelmethoden werden an anderer Stelle weiter vertieft bzw. erläutert.


Wer doch lieber auf Papier lesen möchte, findet hier das PDF.


© Carl Frech, Konzept und Methode: 1996, Text: 2021

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